Neue Motivation für ältere Mitarbeiter
Substanz, statt alter Tricks
Wer glaubt, Mitarbeiter lassen sich am besten motivieren, indem Manager und Unternehmensleiter sie konstant antreiben und anspornen, der macht es sich etwas zu einfach. Anreize wie bessere Bezahlung, Boni oder das Versprechen einer Beförderung sind keine langfristige Strategie. Gerade ältere Mitarbeiter sind lange genug im Beruf, um zu erkennen, wenn die Unternehmensführung auf kurzfristige Motivationsanreize setzt. Nicht selten reagieren erfahrene Mitarbeiter mit einem kaum verhüllten Augenrollen und Schulterzucken auf Teambuilding-Seminare oder Motivationstraining, wenn die restliche Arbeitsumgebung nicht stimmt. Anreize, die bei jungen Mitarbeitern vielleicht funktionieren, stoßen zudem bei älteren Mitarbeitern nicht unbedingt auf Interesse: Eine Beförderung ist zum Beispiel für einen dreißigjährigen Arbeitnehmer viel interessanter als für seinen Kollegen, der nur noch ein paar Jahre bis zur Rente hat. Dem sind vielleicht andere Dinge wichtig: beispielsweise mehr Zeit für die Familie oder Freizeit.
Die ältere Belegschaft ist ein wichtiger Teil
Ein Blick auf die Statistik zeigt: Die Belegschaft in deutschen Unternehmen wird immer älter. Das hängt zum einen mit dem demografischen Wandel zusammen, zum anderen aber damit, dass Menschen auch im Rentenalter weiterarbeiten und sich auch mit 70 noch nicht vollständig zur Ruhe setzen wollen.
Verdiente Mitarbeiter sind in der Tat für Unternehmen sehr wichtig und wertvoll: Sie bringen oft eine jahrelange Erfahrung mit, haben entsprechende Business-Kontakte und großes Fachwissen. Sie kennen Abläufe und können dank ihrer Erfahrung als eine Art Ruhepol im Team dienen. In der Realität gibt es aber auch häufig Probleme: Ältere Mitarbeiter fühlen sich aufs Abstellgleis abgeschoben oder sehen, wie jüngere Kollegen an ihnen vorbeiziehen und Karriere machen. Umso wichtiger ist es, dass Teamleader und Manager ältere Kollegen nicht nur mit einbeziehen, sondern gezielt motivieren.
Ein Blick auf den Sport und Trainingsmethoden von Sportlern kann Ideen liefern, für eine bessere und vor allem langfristige Motivation älterer Mitarbeiter, sagt Leadership-Coach Andreas Klement.
Leistung anerkennen: Wertschätzung bringt Motivation
Kaum etwas ist frustrierender, als wenn Mitarbeiter viel Zeit und Energie investieren, um ein Projekt erfolgreich fertig zu stellen, ohne dass diese Leistung hinterher anerkannt wird. Das kann einmal passieren, vielleicht auch noch ein zweites Mal, aber spätestens beim dritten Mal sorgt das klar für Frustration. Und die hat negativen Einfluss auf die Motivation.
Menschen wollen motiviert werden. Man denke hier zum Beispiel an einen Sporttrainer: Die Sportforschung hat gezeigt, dass gute Trainer sich in die Situation des Sportlers hineinversetzen können. Sie bringen Empathie mit und wissen, Sportler angemessen anzusprechen. Das Gleiche gilt für Mitarbeiter: Junge Menschen, Mitte oder Ende 20, nutzen zum Beispiel eine andere Sprache als Mitarbeiter, die mit Ende 50 kurz vor dem Karriereende stehen. Sie sind in einer anderen Lebenssituation und haben andere Erfahrungen gemacht. Gute Manager und Teamleader wissen das einzuschätzen und passen ihre Ansprache und ihren Umgang mit den Mitarbeitern entsprechend an.
Der Unterschied zwischen Lob und Anerkennung
Lob und Anerkennung sind dabei nicht das Gleiche, auch wenn beide Begriffe oft synonym Verwendung finden: Lob ist eher eine spontane Wertschätzung. Damit ein Lob Wirkung hat, muss es konkret sein und zum Beispiel auf eine bestimmte Aufgabe oder ein bestimmtes Projekt bezogen sein. Um noch einmal das Beispiel Sport heranzuziehen: Es ist vergleichbar mit dem Trainer, der nach einer Einheit im Fitnessstudio anmerkt, dass der Trainierende dieses Mal die Gewichte besser oder schneller gehoben hat und sichtbar Fortschritte macht. Anerkennung hingegen ist mehr eine Haltung, denn spontaner Ausdruck von Wertschätzung. Das Gefühl von Wertschätzung und Anerkennung entsteht über einen längeren Zeitraum hinweg und lässt sich nicht immer messen. Regelmäßiges Lob aber hilft dieses Gefühl bei Mitarbeitern aufzubauen und ist somit ein wichtiger Motivationsfaktor. Übertragen auf den Sport lässt sich das mit dem engen Vertrauensverhältnis von Trainer und Sportler vergleichen. Hat ein Sportler beispielsweise das Gefühl, dass der Trainer die Leistung und die Mühe und die Arbeit nicht anerkennt, wird sich das auf lange Frist auf die Leistungsfähigkeit auswirken – oder der Sportler sucht sich einen neuen Trainer, bei dem er oder sie sich besser aufgehoben fühlt.
Die Top 3 Motivationsfaktoren im Berufsleben
Hobby- und Spitzensportler haben eine Leistungsgrenze. Gute Trainer kennen diese, schaffen es aber durch entsprechende Ermutigung, Sportler dazu anzutreiben, diese Leistungsgrenzen immer wieder neu auszutesten und zu überwinden. Wie wichtig Ermutigungen auch in der Wirtschaftswelt sind, hat unter anderem eine Studie von Albert Bandura an der Stanford-Universität gezeigt. Er konnte nachweisen, dass Mitarbeiter, die regelmäßig gelobt und ermutigt werden, sich häufig höhere Ziele stecken, sich dem Unternehmen und der Aufgabe stärker verpflichtet fühlen und teilweise sogar die eigenen Fähigkeiten verbessern konnten.
Studien haben gezeigt, dass es drei Faktoren gibt, die wichtig sind für die Motivation: Zum einen wollen Menschen ihre Ziele erreichen und sie wollen, dass andere dies merken und anerkennen. Zudem brauchen Menschen soziale Beziehungen zu anderen, denn Anerkennung ist ein soziales Konstrukt. Wir finden Bestätigung durch andere. Ein dritter wichtiger Aspekt lässt sich unter dem Wort „Macht“ zusammenfassen. Das Wort klingt erst einmal hart, meint aber, dass Menschen respektiert werden wollen und sich motiviert fühlen, wenn ihr Status zum Beispiel im Team wächst. Das Gegenteil – das permanente Gefühl gegen eine Wand zu rennen und nicht voranzukommen – ist ein entscheidender Stressfaktor und kann tatsächlich nicht nur zu Frustration, sondern sogar zu psychischen Erkrankungen, wie Burnout, führen.
Sonderfall ältere Mitarbeiter?
Tatsächlich sind ältere Mitarbeiter – mental – häufig in einer Sondersituation. Das hat oft mit dem Selbstbild und der Selbstwahrnehmung zu tun: Einerseits wollen sie natürlich als erfahrene Experten anerkannt sein, andererseits haben sie aber auch Angst, plötzlich zum alten Eisen zu gehören und als nicht mehr so belastbar und leistungsstark wie junge Kollegen zu gelten. Das kann dazu führen, dass ältere Mitarbeiter entsprechend sensibel reagieren. Ein Beispiel: Ein jüngerer Kollege wird auf die stressige Dienstreise geschickt, die sonst der ältere Mitarbeiter gemacht hat. Werden die Gründe dafür nicht entsprechend kommuniziert, fühlt sich der ältere Mitarbeiter schnell ins Abseits gedrängt und glaubt, dass seine jahrelange Leistung nicht mehr wertgeschätzt wird – schlicht, weil er oder sie jetzt zu alt ist.
Ein Beispiel aus dem Sport zeigt, dass auch „ältere“ Mitarbeiter noch leistungsfähig sind – auch wenn das „Rentenalter“ für Spitzensportler sehr viel jünger ist. Im Sommer 2019 beendete Arjen Robben seinen Vertrag beim FC Bayern, denn mit Mitte 30 ist für viele Sportler das endgültige Karriereende erreicht. 10 Jahre im Profifußball hatte Arjen Robben stets mit seinen Dribblings und Abschlüssen die Fans in den Bann gezogen, das letzte Bundesligator gegen Eintracht Frankfurt bildete dann den perfekten Abschluss und kurz darauf verkündete Robben das Karriereende. Doch dann die Überraschung: Robben entschloss sich seine Karriere beim Heimatclub FC Groningen fortzusetzen – unter anderem, um dem Verein aus der Corona-Krise herauszuhelfen. „Ich weiß noch nicht, ob es funktionieren wird. Aber was ich weiß, ist, dass es nicht an meinem Engagement und meiner Motivation fehlen wird“, so Robben in einem Interview. Motivation ist hier die Kernbotschaft, denn der Fußballer, das bestätigen ehemalige Mitspieler, hat großen Ehrgeiz und Begeisterung für seinen „Job“ – trotz oder gerade wegen der Höhen und Tiefen, die er in seiner Zeit als Profisportler erlebt hat.
Neue Herausforderungen meistern
Grundsätzlich haben ältere Mitarbeiter häufig mit ganz anderen Herausforderungen zu kämpfen als ihre jungen Teamkollegen. Man denke hier beispielsweise an die Digitalisierung: Junge Mitarbeiter wachsen mit dieser neuen Technologie auf und heran, ältere Mitarbeiter hingegen müssen oft noch kurz vor Karriereende neue Arbeitsweisen und technologische Neuerungen kennenlernen. Wie kompliziert und schwierig das ist, sollten Teamleader und Manager nicht unterschätzen. Sie können also nicht einfach voraussetzen, dass jeder Mitarbeiter die gleiche Kompetenz – und den gleichen Willen – mitbringt, zum Beispiel digitale Prozesse oder auf KI-basierte IT-Systeme zu nutzen.
Auch Überforderung kann nämlich dafür sorgen, dass ein Mitarbeiter sich nicht länger motiviert fühlt. Man stelle sich folgendes Beispiel vor: Ein Mitarbeiter, Ende 50, lange Erfahrung im Beruf und eigentlich ein geschätztes Teammitglied mit großer Erfahrung und Fachkenntnis. Nun führt das Unternehmen ein neues IT-System ein. Doch statt Unterstützung und Schulung zu bieten, setzt das Management darauf, dass die Mitarbeiter das allein lernen. Nun ist unser Beispielmitarbeiter damit aber völlig überfordert. Das kann dann zu negativen Reaktionen führen, bis hin zur Trotzreaktion: „Warum soll ich das noch lernen. Ich gehe ohnehin bald in Rente.“ Man stelle sich eine ähnliche Situation einmal im Spitzensport vor: Der Trainer entwickelt einen neuen Trainingsplan, doch statt dem Sportler zu erklären, was von ihm oder ihr erwartet wird, drückt der Trainer dem Sportler einfach einen A4-Zettel in die Hand und verabschiedet sich in den Urlaub. Mitarbeiter – ganz egal welcher Altersgruppe – brauchen in Veränderungsprozessen klare Anleitungen. Darüber hinaus sollten sich Führungskräfte bewusst sein, dass ältere Mitarbeiter oft schon viele Veränderungen im Unternehmen mitgemacht haben. Wird das Unternehmen zum gefühlt 10. Mal neu erfunden, kann das für Mitarbeiter ermüdend sein.
Wie lassen sich also ältere Mitarbeiter motivieren? Sechs Tipps
- Es ist wichtig, älteren Mitarbeitern keinen Sonderstatus einzuräumen. Einige fühlen sich durch den Status eines Senior-Profis vielleicht geschmeichelt, viele andere aber wollen nicht das Gefühl haben, dass ihnen eine Sonderrolle nur wegen ihres Alters eingeräumt wird. Und auch bei jüngeren Kollegen kommt solch ein Sonderstatus nicht gut an, insbesondere, wenn der ältere Mitarbeiter Lob oder Bonus bekommt, obwohl er eigentlich nicht mehr leistet als alle anderen.
- Wie bereits erwähnt, haben ältere Mitarbeiter oft eine große Berufserfahrung, das heißt sie sind in der Lage unabhängig und selbstständig zu arbeiten – gerade, wenn sie über Jahre hinweg einen guten Job gemacht haben. Sie müssen nicht ständig kontrolliert werden. Wenn der Boss oder Teamleiter ständig über die Schultern schaut, obwohl man die Aufgabe bereits 1000-mal gemacht hat, ist das frustrierend.
- Teamleader sollten die Erfahrung des Mitarbeiters nutzen. Viele ältere Mitarbeiter würden ihr Wissen gerne an die junge Generation weitergeben, bekommen aber nicht die Chance, das zu tun. So werden Potenziale verschwendet. Es ist gut für die Motivation, wenn ältere Mitarbeiter dazu animiert werden, ihr Wissen an die nächste Generation weiterzugeben. Auch hier ist es wichtig, die richtige Balance zu finden, sodass jüngere Mitarbeiter nicht das Gefühl bekommen, dass sie ohnehin erst an die Reihe kommen, wenn der ältere Mitarbeiter in Rente ist.
- Wer Mitarbeiter gezielt fördert – durch Seminare, Trainings, Kurse – erhöht gleichzeitig die Motivation. Das gilt für Mitarbeiter aller Altersgruppen. Ältere Mitarbeiter sollten hier mit einbezogen werden, auch wenn sie vielleicht nur noch ein paar Jahre von diesen Schulungen profitieren. Werden sie außen vor gelassen, schleicht sich schnell das Gefühl ein, dass sie diese Investition nicht mehr wert sind. Gleichzeitig gilt auch hier klarzumachen, dass eine Schulung etwas Positives ist und keinesfalls eine Kritik an der bisherigen Arbeit. An dieser Stelle sollten sich Führungskräfte zudem bewusst machen, dass Menschen langsamer lernen, je älter sie werden. Daher macht es oft keinen Sinn, Jung und Alt in einer Lerngruppe zusammenzufassen: Ältere Mitarbeiter fühlen sich überfordert, jungen Mitarbeitern geht es nicht schnell genug und am Ende sind alle frustriert und unzufrieden. Führungskräfte sollten immer darauf achten, dass niemand im Berufsleben angehängt wird – ganz egal, ob Neuling oder alter Hase.
- Und natürlich gilt auch bei älteren Mitarbeitern: Die richtige Work-Life-Balance ist wichtig für die Regeneration – davon profitieren nicht nur die Mitarbeiter, sondern auf lange Frist auch das Unternehmen, da Mitarbeiter ausgeruhter und motivierter sind und dadurch natürlich besser arbeiten. Darüber hinaus sollten sich Führungskräfte bewusst sein, dass die Belastungsfähigkeit – sowohl körperlich als auch mental – im Alter zunehmend abnimmt. Auch dauert es länger, sich von der Belastung zu erholen. Es ist daher wichtig, gerade für ältere Mitarbeiter entsprechende Erholungszeiten zu schaffen und den Arbeitsplatz entsprechend auszustatten: Das kann zum Beispiel ein höhenverstellbarer Schreibtisch sein oder ein rückenschonender Stuhl. Auch eine Lesebrille auf Arbeitgeberkosten ist eine Option.
- Zeigt ein älterer Mitarbeiter keine Motivation mehr und wartet tatsächlich nur noch auf den letzten Tag bis zur Rente, dann hilft ein offenes Gespräch. Dafür muss die Führungskraft den Mitarbeiter und seine Lage gut kennen und verstehen.
Ältere Mitarbeiter sind die DNA des Unternehmens
Letztlich sollte ein entscheidender Faktor immer Beachtung finden: Wer Spaß an der Arbeit hat, der arbeitet besser, effektiver und mit größerer Motivation. Schafft es eine Führungskraft, dass auch ältere Mitarbeiter die Freude an der Arbeit nicht verlieren, dann ist das ein garantierter Erfolgsfaktor. Teamleader und Führungskräfte sollten eines nie vergessen, sagt Leadership-Coach Andreas Klement: „Ältere Mitarbeiter sind der Stabilisator, der die DNA des Unternehmens am Leben hält.“